Zeitreise ins Krisenjahr 1992

Als der Biberacher SC beinahe aufgelöst worden wäre

(wh) - Im fünften Teil unserer Zeitreise drehen wir das Rad ins Krisenjahr 1992 zurück, als der Verein - damals unter Biberacher SC firmierend - kurz vor der Auflösung stand.

Am Ende der Saison 1988/89 feierten Präsident Wolfhard von Heyking (links im Bild) und Vize Matthias Lübbers (rechts) die Meisterschaft des Biberacher SC in der Kreisliga A und den bis dato größten Erfolg der Vereinsgeschichte. Drei Jahre später war von dieser Euphorie nix mehr zu spüren, wie aus dem nachfolgenden SZ-Bericht vom März 92 hervorgeht:

"Es sind Jahr für Jahr die gleichen Gesichter. Wir sind ausgelaugt und müssen Zeichen setzen. Sind neue Kräfte da?“ Wolfhard von Heyking müsste wohl Tage und Nächte sitzen, würde er auf eine zufriedenstellende Antwort warten. Der Präsident des Biberacher Sportclubs ist in diesen Tagen ebenso ratlos wie sein Stellvertreter Matthias Lübbers und Abteilungsleiter Gerd Pahl, denn alle drei haben ein gemeinsames Problem: Frust. Der Biberacher SC steht nach 15 Jahren vor dem Ende, weil von Heyking, Pahl und Lübbers nicht mehr wollen, aber keine Nachfolger in Sicht sind.

In einer Woche steigt im neuen Vereinslokal „Bären“ die Jahreshauptversammlung und der Entschluss der Vereinsführung ist endgültig. Präsident Wolfhard von Heyking, seit der Gründung des Vereins im Jahre 1977 mit dabei, ist „zeitlich im eigenen Geschäft eingespannt“, so dass „der Zeitpunkt gekommen ist, aufzuhören“. Gerd Pahl, seit 1978 im Verein „in wechselnden Funktionen tätig“ und seit sieben Jahren Abteilungleiter hat genug: „Trotz vieler Bemühungen ist es uns nicht gelungen, unser Image zu verbessern. Wir werden sogar noch ausgelacht, habe ich den Eindruck. Sowas ermüdet.“ Matthias Lübbers, seit sechs Jahren im Verein und seit vier Jahren im Vorstand („Die Puste geht uns aus, weil die Erfolgserlebnisse fehlen“), steht ebenfalls nicht mehr zur Wahl.

Alle drei haben angekündigt, zwar weiter mitarbeiten zu wollen. aber nicht mehr in vorderster Linie. AuBerdem hat Jugendleiter Falko Domdey sein Amt niedergelegt und Trainer Winfried Hummler hat zum Saisonende nach sechs Jahren seinen Abschied angekündigt.

„Es sind viele kleine Nadelstiche, die machen alles mit der Zeit marode“, fasst Abteilungsleiter Pahl das BSC-Problem zusammen.  

Stichwort Nummer eins: die Öffentlichkeit. „Einerseits spricht man zwar lobend über den BSC, nur auf der anderen Seite werden wir ausgelacht, der Ausländerverein und so“, sagt Wolfhard von Heyking. Tatsächlich spielen in der Jugend des BSC weit mehr als 50 Prozent Ausländer „Das kostet Kraft und Geld“, fügt Matthias Lübbers an. "Was zu verkraften wäre, wenn Anerkennung da wäre“.

Wie sehr diese fehlt, hat sich für Heyking & Co. beim jüngsten BSC-Hallenturnier zugunsten krebskranker Kinder gezeigt. Gerd Pahl: „Wir haben dieses Turnier für einen guten Zweck gemacht, um krebskranken Kindern zu helfen und um unser Image aufzupolieren.“ Auf das Spendenkonto sind sage und schreibe 0 Pfennig eingegangen.

Stichwortwort Nummer zwei: die Biberacher Geschäftswelt. Null Reaktion erhielt der Verein, als er zahlreiche Biberacher Firmen angeschrieben und um ein Inserat fürs BSC-Magazin gebeten hat. Lübbers: „Keine einzige Firma hat sich die Mühe gemacht, wenigstens zu antworten. Das zeigt unseren Stellenwert ganz extrem.“

Stichwortwort Nummer drei: die Stadt. „Wir hatten schon erwartet, dass der BSC in der Bezirksliga ähnliche Privilegien erhält wie der FV. Es hat zwar seıt unserer Gründung schon einige kleine Verbesserungen in Bezug auf Sportplätze und Trainingsbedingungen gegeben, aber es wird trotzdem immer noch mit zweierlei Maß gemessen“, sagt Gerd Pahl und fügt an: „Kommet ihr erscht mol dahin, wo der FV ischd“, heiße es dann immer.

Stichwort Nummer vier: die Finanzen. „ Wir sind zwar absolut schuldenfrei“, betont Wolfhard von Heyking, doch Gerd Pahl ergänzt: „Wir tun uns in finanzieller Hinsicht schwer. Etwa 15 Prozent unseres Etats sind durch die Stadt und durch unsere Mitgliedsbeiträge gedeckt, der Rest muss irgendwo herkommen." Dabei bekomme kein Spieler, mit Ausnahme des Trainers, irgendwelche Zuwendungen. „Nur einige Spieler bekommen Fahrgeld.“

Neun Jugendmannschaften hat der BSC im Spielbetrieb, und allein diese verschlingen nochmals den gleichen Etat wie die aktiven Mannschaften, erklärt Lübbers. „Die Weihnachtsfeier und das Radgassenfest haben mitgeholfen, uns über Wasser zu halten.“

Wenn es trotzdem mal finanziell eng wurde, sprang Wolfhard von Heyking ein. Pahl: „Es war beruhigend zu wissen, dass da jemand da ist.“ Weil sich von Heyking künftig aber weitgehend raushalten will, sieht Vize Matthias Lübbers die einzige Lösung darin: „Wenn irgendwoher Geld fließt, beispielsweise 25 000 Mark, dann könnte es mit dem BSC weitergehen.“

„Es täte weh, wenn der Verein aufgelöst werden müsste", gesteht das Führungstrio unisono. „Die Auflösung wäre das Allerletzte", sagt deshalb Lübbers, "bevor es dazukommt, würden wir eine Fusion mit dem FV anstreben.“

PS: Nach langer Suche ist der Verein damals doch noch fündig geworden: Fred Gerster wurde Präsident und Klaus Popp machte den Vize. Sie „retteten“ den BSC, der dann wenige Wochen später in FC Wacker umgetauft wurde.

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