Zeitreise ins Jahr 1999: Eine Viertelmillion Schulden

Als sich Frank Günther trotz prekärer Lage zum Präsidenten wählen ließ

(wh) - Im 13. Teil unserer Zeitreise drehen wir das Rad ins Jahr 1999 zurück, als den FC Wacker rund eine Viertelmillion Mark Schulden plagten und am Ende der Saison der Abstieg aus der Landesliga folgte. Was Frank Günther (Foto) auf der Jahreshauptversammlung nicht davon abhielt, sich zum Präsidenten wählen zu lassen, um einen langwierigen, aber letztlich erfolgreichen Konsolidierungsprozess einzuleiten.

Die Schwäbische Zeitung berichtete von der Jahreshauptversammlung im März 1999:

Wacker-Schatzmeister Wolfgang Müller listete die Schulden auf: Hauptposten sind die 107 000 Mark Bankverbindlichkeiten und 117 000 Schulden beim Finanzamt. Der Schuldenstand vom 17. Dezember (189 000 Mark) erhöhte sich durch Steuernachzahlungen für die Jahre 95 bis 97 zuerst auf 261 00 Mark. 45 000 Mark wurden durch Spendenzusagen und Solidaritätsbeitrag der Mitglieder abgebaut, durch die 98er-Steuernachzahlung beträgt der Stand nun fast eine Viertelmillion. Müller: "Die Erklärungspflicht wurde nun abgeleistet."

Präsident Frank Günther wurde ohne Gegenstimme für zwei Jahre gewählt, Stellvertreter wurde Otto Schätzle. Neuer Spielausschuss-Vorsitzender ist Jochen Klemm, Aussschuss-Mitglieder wurden Klaus Popp, Peter Weisser und Jürgen Wagner. Der Vorstand wurde komplett entlastet.

Günther präsentierte einen stark verschlankten Etat für 1999. Inhalte des Konsolidierungskonzeptes sind auf der Habenseite 96 000 Mark nach Steuern aus Werbung und Veranstaltungen wie ein zusätzliches Hallenturnier und ein zugesichertes Spiel zwischen Zweitligist SSV Ulm 1846 und einer Oberschwaben-Auswahl.

Massiv gekürzt wurden die Spieler- und Trainergehälter: auf 30 000 Mark für die Rückrunde und auf 21 000 Mark für die kommende Vorrunde. Insgesamt will Günther 27 000 Mark, also 11 Prozent der Schuldenlast abbauen. Man habe am untersten Level kalkuliert. Günthers Dank galt den Spielern: "Ohne euch hätte das Konzept nicht funktioniert. Ihr habt auf unglaublich viel Geld verzichtet und Charakter bewiesen."

"Mit viel Illusionen" habe er vor zwei Jahren angefangen, meinte Ex-Präsident Otto Schätzle. "Doch die Finanzsituation war schlimmer als erwartet. Der hohe Schuldenstand resultiert daher, dass sieben Jahre lang keine Steuererklärung abgegeben worden war." Schätzle gab Fehler im sportlichen Bereich zu. "Die Entlasssung von Trainer Franz-Josef Toth war falsch." Nach dem Nachfolger Manfred Oschwald "das Handtuch geworfen" habe, sie der Markt abgegrast gewesen. Nach dem Rücktritt Richard Zells als Trainer hoffe man, dass unter Achim Denz der Aufwärtstrend weitergehe. Die Jugend habe wie immer am wenigsten Probleme bereitet.

Klaus Popp, seit dem Rücktritt Zells kommissarischer Abteilungsleiter, zollte Denz "hervorragender Arbeit" Lob. "Nur gemeinsam sind wir stark", appellierte Popp für mehr Offenheit und Ehrlichkeit im Verein.

Jugendleiterin Lucia Authaler, deren Amtszeit zu Ende ging, versprach kommissarisch bis Juni im Amt zu bleiben. Sie trete mit einem weinenden und einem lachenden Auge ab.

Kritische Fragen gab es am Rande. Wilfried Herbst fragte, wer den Spielern Geld zugesagt und Versprechungen gemacht habe. "Bestehende Verträge, teils schon vor meiner Zeit", erwiderte Schätzle. "Wir wurden von der Steuerlast überrollt. Vielleicht hat lange der nötige Druck des Finanzamtes gefehlt." Herbst übte auch Kritik an der Vorstands-Praxis, Mitglieder-Adressen an die "Göttinger Gruppe" herauszugeben. Er sprach von einem Verstoß gegen den Datenschutz und habe Anzeige erstattet. Schätzle und Müller entschuldigten sich und versicherten, sich am Saisonende vom Sponsor zu trennen. "Wir handelten aufgrund der Finanzlage nach dem Motto Geld stinkt nicht", erklärte Müller. Herbst forderte Günther auf, sich dringendst um kompetenten Ersatz für Jugendleiter und -trainer zu kümmern.

SPD-Stadrat Werner Krug machte im Namen der Stadt klar, Biberach lege unheimlich viel daran, dass Wacker bestehen bleibe. Nicht nur, weil es in der Landesliga spiele, sondern weil es hervorragende Integrationsarbeit leiste. "Die Jugendarbeit ist vorbildlich. Hervorzuheben sind die A-Jugend und ihr Trainer Franz Lemli." Krug machte aber keine finanziellen Versprechungen, Wacker zu helfen.

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